Quantcast
Channel: Donner und Doria » Nasa
Viewing all articles
Browse latest Browse all 2

Klimabilanz des Jahres 2012: Erschreckend normal

$
0
0

Klimabilanz des Jahres 2012: Erschreckend normal

Die globalen Temperaturen wollen auch weiterhin zunächst nicht ansteigen. Um so stärker prasseln gerade dieser Tage die Warnungen vor einem Hitzekollaps auf uns ein.

Es ist dieselbe Frage wie bei Sportwettkämpfen: Der Optimist freut sich darüber, dass man unter die ersten zehn gekommen ist, der Pessimist bemerkt kritisch, dass man mit Platz neun meilenweit entfernt von neuen Rekorden abgeschnitten hat. Beim Weltklima, auch eine spannende Angelegenheit, gelten die umgekehrten Vorzeichen: Pessimisten betonen dieser Tage, dass das Jahr 2012 zu den (weltweit gemessen) zehn wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen zählte. Optimisten bemerken dagegen, dass es erst an neunter Stelle steht, dass es alles andere als ein Rekordjahr sei, weil zuvor bereits acht Jahre eine höhere Durchschnittstemperatur aufwiesen.

Vielleicht sollten wir eine weitere Parallele zum Sport ziehen. Die Frage ist dort nämlich stets: Woher kommen wir, von ganz unten? Sind wir gerade erst in die erste Liga aufgestiegen, sind wir ein „Shooting Star“? Oder waren wir mal Meister, sind wir eigentlich weit besseres gewohnt? Beim Weltklima ist es unübersehbar: Wir befinden uns derzeit auf einem absteigenden Ast – auch wenn wir uns nach wie vor in der ersten Liga sonnen (dürfen).

Man wird schnell in die Ecke von Verschwörungstheoretikern gepackt, wenn man einigen Klimaforschern eine etwas einseitige Sicht der Dinge unterstellt. Dabei geht es lediglich um leicht nachvollziehbare menschliche Verhaltensweisen. Wissenschaftler, die seit zehn oder zwanzig Jahren die Öffentlichkeit mit Alarmrufen vor einem Weltuntergang warnen und auch noch die Politik – recht erfolgreich ­– zu drastischen, kostspieligen Maßnahmen auffordern, tun sich schwer damit, es anzuerkennen, wenn dann die tatsächliche Entwicklung weit weniger dramatisch ausfällt als die eigenen Prophezeiungen, die eigenen Projektionen. Das sollte nachvollziehbar sein und hat mit Verschwörungstheorien nicht das geringste zu tun.

Jene Wissenschaftler sind jetzt Gefangene ihrer Amtsanmaßung, mit der sie sich nahtlos in die Politikberatung eingemischt haben, mit der sie ihren eigenen Beritt verließen. Sie haben sich auf eine Seite gestellt und kommen, wie man sich leicht vorstellen kann, dort nicht so schnell wieder heraus. Auch wenn heute klar ist, dass die Welt zwar auf einem hohen Plateau bei der globalen Temperatur angekommen, dass aber eben auch jede Dynamik einer weiteren Erhöhung seit 15 Jahren abhanden gekommen ist und laut neuesten Prognosen auch erstmal weiter ausbleiben wird.

Und deshalb diktiert jetzt die Nasa, die zu den führenden Instanzen bei der Messung der Welttemperatur gehört, den Agenturen die Lesart in die Maschinen, dass 2012 zu den zehn wärmsten Jahren gehörte, dass diese bis auf eine Ausnahme nach 2000 lägen, und dass dies ein neuer Beweis dafür sei, dass die Welt sich weiter dynamisch erwärme. Letzteres ist ein glattes Fehlurteil. Welche Durchschnittstemperatur hätte denn das Jahr 2012 aufweisen müssen, um diesen Beweis nicht zu erbringen? Einen Sturz um zehn Grad? Den unmittelbaren Beginn einer neuen Eiszeit? Tatsache ist, dass das Jahr 2012 gar nichts beweist für die mittlere oder lange Frist, weder eine Erwärmung noch eine Abkühlung. Aber allein schon eine solche banale Feststellung kommt weder den Verantwortlichen bei der Nasa noch etwa beim Potsdam Institut für Klimafolgenforschung über die Lippen.

Ganz im Gegenteil: Jetzt, da die globalen Durchschnittswerte schon lange nicht mehr wie prophezeit eintrafen, setzt man dort, in Potsdam, wieder auf einzelne Wetterereignisse, einzelne Extremwerte, führt einzelne Hitzerekorde wie jetzt in den USA an und sagt natürlich gleich eine wachsende Anzahl derselben weltweit voraus. Obwohl man jahrelang genau dies verteufelt hat. Klimaskeptiker, die vor einiger Zeit die plötzlich und unerwartet eintretenden kalten Winter des letzten Jahrzehnts anführten, wurden von dort stets eines Besseren belehrt, allein die Durchschnittswerte seien maßgeblich.

Zwar in einem anderen Zusammenhang aber sehr generalisierend brachte uns im Jahre 2007 denn auch Stefan Rahmstorf von jenem Potsdam Institut bei: „Dass lokal und regional wesentlich größere Klimaschwankungen auftreten als in der globalen Mitteltemperatur, ist für jeden Klimatologen klar, denn die Mechanismen dafür sind vielfältig, etwa Veränderungen der atmosphärischen Zirkulationsmuster. Diese mitteln sich jedoch global heraus – die globale Mitteltemperatur kann dauerhaft nur verändert werden, wenn die globale Strahlungsbilanz sich ändert. Mit Rückschlüssen von wenigen Regionen auf ein globales Mittel sollte man daher sehr vorsichtig sein.“ Doch das gilt nicht mehr. Jetzt gilt für jedes lokale Rekordereignis: Das sei der Beweis, dass der Klimawandel an Fahrt zunimmt.

Wetterrekorde treten täglich vieltausendfach auf. Hitze- und Kälterekorde, Regen und Dürre, wie es beliebt. Man besuche die Homepage von Ham Weather, dort sind für jeden Tag unzählige aus den USA aufgeführt, je nach Gusto für jeden Zeitgenossen. Natürlich gibt es mehr Hite- als Kälterekorde, wir befinden uns in einer relativ warmen Phase.

Sogar die gute alte BBC, jener britische Sender, der sich bisweilen selbst an apokalyptischen Klimaprognosen beteiligt, musste jetzt erfahren, wie man in die Schusslinie jener Klimaforscher geraten kann, die aus ihrer Ecke nicht mehr herauskommen. Bekanntermaßen hatte zum Jahreswechsel das britische „Met Office“ – eine der Temperaturmessstellen des Weltklimarates – seine Prognosen für die globale Temperatur bis 2017 beziehungsweise 2020 radikal herunter gestuft, gezwungenermaßen angesichts des derzeitigen Ausbleibens weiterer Erwärmung. Im Vergleich zu heute, so die Voraussage, werde sich die Erde erst mal nicht weiter aufheizen. Die Wissenschaftsredaktion der BBC meldete dies mit der völlig korrekten Zusatzbemerkung: „Wenn die neuen Zahlen stimmen, bedeutet dies, dass sich die Erde dann für zwei Dekaden nur gering erwärmt haben wird.“ Das Met Office habe dies mit natürlichen Zyklen begründet, vielleicht die Sonne oder Ozeanströmungen.

In einer späteren Diskussion im Sender kritisierte Julia Slingo, führende Klimaforscherin des „Met Office“, die Interpretation des BBC scharf. Hätten sie die Headlines machen dürfen, würden sie darauf aufmerksam gemacht haben, dass die Vorhersagen  weiterhin Temperaturen auf Rekordlevel ergaben, die langfristigen Projektionen hätten sich keinen Deut verändert. David Whitehouse, selbst langjähriger BBC-Autor, resümmierte: „Gut dass wir Journalisten haben, so dass die Leute nicht die ihnen passende Überschrift über ihre Arbeit selbst stellen können.“

Übrigens: Auch was Naturkatastrophen angeht, blieb das Jahr 2012 trotz Sandy unterdurchschnittlich aktiv. Das sagt selbst die Rückversicherungsgesellschaft Munich Re, ein Unternehmen, dass – auch nach eigenem Eingeständnis – höhere Prämien erwarten kann, wenn die Angst vor Unwettern groß ist.

Letztlich geht es um die Frage, ob das Glas halb voll oder halb leer ist, und welche Tendenz derzeit herrscht. Die kann sich ändern, und wie gesagt: Dass Wissenschaftler, die mit ihren Vorhersagen aktiv in die Politik eingreifen wollen, hinterher nicht einfach sagen können, okay, sorry, wir haben uns geirrt – dies dürfte jedem einleuchten.

Tragisch wird es allerdings, wenn sich auch Journalisten dazu aufschwingen, in jenen Menschen, die kritisch mit den Aussagen der Wissenschaftler umgehen, die sich die Freiheit nehmen, selbst zu entscheiden, die (heiße) Luft im Glas oder das Wasser darunter zu betrachten, lediglich gut bezahlte Lobbyisten zu sehen. In der “Berliner Zeitung” werden sie mit der Waffenlobby der USA gleichgesetzt. „Unterschiede gibt es lediglich in der letalen Konsequenz. Bei Gebrauch einer Waffe erfolgt die Wirkung schneller“. Da wundere man sich nicht, wenn manche Zeitgenossen dann vollends ausrasten wie Richard Parncutt, Musikprofessor an der Uni Graz, der auf der Homepage jener Universität die Todessstrafe für diejenigen forderte, die den Klimawandel bestreiten.

Donner und Doria


Viewing all articles
Browse latest Browse all 2

Latest Images





Latest Images